Geschichte

Fünfhundert Taler für einen Kindergarten

Wir blicken auf eine 150jährige Geschichte der Kindertagesstätte Elsbethstift zurück: zwei Weltkriege, unterschiedliche politische Verhältnisse und wirtschaftliche Einbrüche hat der Kindergarten in all den Jahren überstehen müssen. Im Folgenden soll ein kurzer geschichtlicher Abriss einige Einblicke in die Zeit der Anfänge bis in die Zeit von heute geben:

Alles begann im Jahre 1861, als der Gohliser Bürger August Thärigen, nach dem Tod seiner Frau Theresia, dem damaligen Rat von Gohlis fünfhundert Taler Grundvermögen für die Gründung einer Kindergartenstiftung bot und darüber hinaus versprach, den Kindergarten mit jährlich fünfzig Talern zu unterstützen. So entstand einer der heute ältesten Kinder-gärten Leipzigs, damals noch »Kinderbewahranstalt« genannt: das Elsbethstift.

Nachdem das ursprüngliche Betreuungshaus in der Menckestraße durch die schnell wachsende Zahl der Anmeldungen zu klein wurde, begann der Neubau einer Aufbewahrungsanstalt in der Elsbethstraße 38, welcher u.a. durch das Ehepaar Brandt finanziert wurde, das ihre Tochter Elsbeth früh verloren hatte.

Am 31. Juli 1882 wurde der Neubau eingeweiht.

Durch hohe Inflationsraten in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts musste der Kindergarten hohe Schulden verkraften. Erschwerend kam hinzu, dass 1926 gerade einmal 16 Kinder den Kindergarten besuchten. Eine finanzielle Unabhängigkeit war in dieser Situation nicht aufrecht zu erhalten.

1930 kaufte die Friedenskirchgemeinde das Grundstück und verpflichtete sich, den Kindergartenbetrieb zu gewährleisten.

In den Jahren 1941 bis 1945 kam das Elsbethstift unter die Zwangsverwaltung der nationalsozialistischen Volkswohlfahrt.

Am 29.05.1945 wurde der Kindergarten an die Stiftung zurückgegeben und unter dem Namen „Vereinigtes Theresia- und Elsbethstift“ wiedereröffnet.

Im Jahr 1946 übernahm Erika Weingart die Leitung des Kindergartens, zunächst als Vertretung für eine kranke Mitarbeiterin, für 35 Jahre. Sie baute den Kindergarten in mühevoller Kleinarbeit auf, obwohl nach dem Krieg nahezu alles fehlte, wie beispielsweise Decken, Kissen, Besteck. Dieses mussten die Kinder von zu Hause mitbringen, ebenso das Mittagessen.

Ab dem Jahr 1953 wurde das Elsbethstift ein Lehrkindergarten der Diakonie. Zudem waren etwa die Hälfte der Kinder Hortkinder.

Der Hort musste jedoch mit dem Verweis auf Verfassungswidrigkeit der DDR im Jahre 1974 aufgelöst werden, mit der Begründung, dass ein kirchlicher Hort nicht in der Lage sei, die Kinder nach sozialistischen Werten zu erziehen.

Da finanzielle Mittel fast ausschließlich über Spenden organisiert werden mussten, war das Gebäude zur Zeit der Wende stark sanierungsbedürftig.

In den Jahren von 1993 bis 1995 konnte das Gebäude der Kindertagesstätte mit der Unterstützung öffentlicher Institutionen und vieler engagierter Firmen und Helfer umgebaut und restauriert werden. Mit der Sanierung des Gebäudes veränderte sich auch die Anzahl der Gruppen. Aus den ursprünglich fünf Gruppen wurden sechs Gruppen: in der oberen Etage befinden sich heute die Schwalben-, Hasen- und Sonnengruppe. Die Spätzleingruppe, die Regenbogen- und die Heinzelmännchengruppe teilen sich die untere Etage.

In 3 Gruppen können jeweils zwei Kinder mit erhöhtem Förder- und Betreuungsbedarf von heilpädagogisch ausgebildeten Erzieherinnen zusammen mit anderen Kindern in altersgemischten Gruppen betreut werden.

Gegenwärtig besuchen 86 Kinder das Elsbethstift.

Die Zusammenarbeit mit der Kirchgemeinde ist intensiv. Gemeinsame Gottesdienste und Feste finden in der Kirche statt. Kantor und Gemeindepädagogin besuchen die Kinder im Kindergarten regelmäßig und prägen gemeinsam mit dem Team das christliche Profil desElsbethstiftes.

Interessant ist, wie sich der pädagogische Blick auf das Kind im Laufe der Geschichte gewandelt hat. Der Grundgedanke einer sogenannten »Kinderbewahranstalt« war, Kinder von Tagelöhnern und Fabrikarbeitern von der Strasse zu holen, ihnen ein Dach über dem Kopf und eine warme Mahlzeit zu bieten, sie »aufzubewahren«. Heute steht vor allem der Bildungs- und Erziehungsanspruch im Vordergrund unserer pädagogischen Arbeit. Im Zuge der wissenschaftlichen pädagogischen Entwicklungen, halten wir individuelle frühkindliche Förderung für die optimale Entwicklung der Kinder für unerlässlich.